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Haus der Heimat, Wien

Donauschwäbische Arbeitsgemeinschaft in Österreich (DAG)

Weg aus Österreich oder "Raus aus den Lagern"

Eines der letzten Probleme, die es für die Heimatvertriebenen in Österreich nach deren Einbindung ins österreichische Rechts- und Sozialsystem unbedingt zu lösen galt, waren die Barackenlager. Dafür mussten aber erst die notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden. Von wem aber? Die deutsche Regierung war zwar bereit zu helfen, wollte jedoch, wie das bereits bei den Verhandlungen zum Kreuznacher Abkommen festgelegt worden war, die Lasten mit der österreichischen teilen. Bereits 1950 hatte der damalige deutsche Vertriebenenminister Hans Lukaschek der österreichischen Regierung folgende Worte ins Stammbuch geschrieben:


Die Österreicher haben nach unserer Ansicht die moralische Verpflichtung, sich jener deutschsprachigen Personen anzunehmen, die aus den Nachbarstaaten Österreichs kamen und in der Heimat ihrer Väter Zuflucht suchten. Die Bundesregierung steht auf dem Standpunkt, dass es nicht angehe, wenn Österreich hunderttausend Volksdeutsche abschieben will, wodurch die bereits beträchtliche Zahl der in Westdeutschland lebenden Flüchtlinge noch vergrößert würde.50


Durch den deutschen Standpunkt war zu Beginn der 1950er Jahre eine Verbesserung der Lage der Heimatvertriebenen in Österreich jedenfalls nicht zu erwarten. Ein genereller Plan zur Eingliederung in die österreichische Gesellschaft fehlte noch, ebenso die finanzielle Grundlage für ein solches Projekt. Diejenigen, die nicht länger warten wollten, wanderten aus Österreich ab und versuchten, sich in einem anderen europäischen Land oder auf einem anderen Kontinent ein neues Leben aufzubauen bauen. Immer wieder tauchten Kommissionen aus anderen Ländern in den österreichischen schen Lagern auf, um volksdeutsche Arbeitskräfte mit attraktiven Angeboten anzuwerben. Viele gingen, weil sie des Wartens müde waren und endlich wieder das tun wollten, was sie am besten konnten, nämlich auf der eigenen Scholle Arbeiten.


Am 12. November 1950 veröffentliche das österreichische Innenministerium in der Wiener Zeitung eine Verlautbarung betreffs „Auswanderungsmöglichkeiten für Volksdeutsche nach den Vereinigten Staaten von Amerika (USA)“. Darin hieß es:


Durch eine erst unlängst in Kraft getretene Novelle zum amerikanischen Einwanderungsgesetz wird auch Volksdeutschen die Möglichkeit gegeben, nach den Vereinigten Staaten von Amerika auszuwandern. Im Einvernehmen mit den amerikanischen Stellen werden die für die Auswanderung erforderlichen Arbeiten von den österreichischen Behörden (Umsiedlungsstellen bei den Ämtern der Landesregierungen) durchgeführt. (...) Die Auswanderung ist nur dann möglich, wenn sich in den Vereinigten Staaten ein Bürge bereit erklärt, für die Unterbringung des Einwanderers zu sorgen und ihm eine bestimmte Beschäftigung zur Verfügung zu stellen.51


Bei Wilhelm Schließleder findet sich eine nach Zielländern geordnete Auflistung der Auswanderer aus Österreich im Zeitraum zwischen 1945 bis zum 1. Januar 1954. Demnach sind in diesen zehn Jahren 170.914 Personen aus Österreich in folgende Zielländer ausgewandert (diese Zahl berücksichtigt aber nicht die Repatriierungen von 1946 aus Österreich):


Für die Donauschwaben sowie Teile der anderen volksdeutschen Gruppen waren die USA, Kanada, Südamerika und europäische Länder die begehrten Auswanderungsziele. Die österreichische Bundesregierung nahm übrigens eine positive Haltung zur Abwanderung von Volksdeutschen aus Österreich ein. Was man durch die Repatriierungen von 1946 nicht erreicht hatte, sollte durch Abwanderungen erzielt werden, nämlich eine möglichst rasche und kostengünstige Lösung des Vertriebenen- und Flüchtlingsproblems. In einer von der Abteilung U12 im österreichischen Innenministerium verfassten Darstellung des Flüchtlingsproblems und des Problems der volksdeutschen Heimatvertriebenen in Österreich liest man dazu folgende Stellungnahme: Da auch die Auswanderung immerhin geeignet ist, das Lagerproblem zu lindern, ist die österreichische Bundesregierung dem neu gegründeten Provisorischen Internationalen Komitee für die Wanderungsbewegung aus Europa als Mitglied beigetreten. Sie leistet auch hier namhafte, in die Millionen gehende Beiträge.53


Die Bundesregierung in Wien zahlte also für die Abwanderung von Heimatvertriebenen aus Österreich „namhafte“ Millionenbeträge, die man für Eingliederungsmaßnahmen im eigenen Land angeblich nicht zur Verfügung hatte! Dasselbe lässt sich auch zu den 900 Millionen Schillingen sagen, die Österreich bis 1952 für die Betreuung der Flüchtlinge ausgab. Rund 337 Millionen davon entfielen auf die Volksdeutschen und die Erhaltung der Baracken. Dieses Geld hätte man ebenso für deren Integration ausgeben können. 1952 wollte man aber von einer generellen Einbürgerung aller Volksdeutschen noch nichts wissen und bediente sich weiterhin der Salami-Taktik.



50 Bonn appelliert an Wien. in: Neue Wiener Tageszeitung, Ausgabe vom 10. Februar 1950.

51 Auswanderungsmöglichkeit für Volksdeutsche nach den USA. in: Wiener Zeitung, Nr. 263 vom 12. November 1950.

52 Wilhelm R. Schließleder, Das österreichische Flüchtlingsproblem. Integration. München 1955, S. 176.

53 Abschrift einer englischen Übersetzung vom 28.Juni 1954 zu „Österreichisches Flüchtlingsproblem“ Botschaft der USA. Verb.Zl. 9403/VI.




Sogar die DDR warb im Westen um volksdeutsche Heimatvertriebene und versprach eine bessere Zukunft

Auswanderer aus Österreich 1945-1954

Ankunft von Donauschwaben in Brasilien, wohin sie mit dem Schiff kamen und die Gemeinde Entre Rios gründeten

Weiterführende Links:


Die ersten Schritte auf dem Wege zur Gleichstellung

Staatsbürgerschaft und Staatsvertrag

Der deutsche Lastenausgleich und der Weg zum Kreuznacher Abkommen

Festigung und Neubeginn

Das neue Europa entsteht


Wohnbau- und Siedlungsprojekte

Endlich: Eingliederungs-programm 1955 für Volksdeutsche

Österreichisches Lagerauflösungs-programm für Volksdeutsche