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Haus der Heimat, Wien

Donauschwäbische Arbeitsgemeinschaft in Österreich (DAG)

Das neue Europa entsteht

Die DAG hat seit ihrer Gründung den Kontakt zu den politischen Stellen in- und außerhalb Österreichs gesucht, um die Anliegen der Donauschwaben direkt an die Zentralen der politischen Entscheidungsfindungen heranzutragen. Diese Tradition wurde in der DAG auch nach dem Wechsel an der Spitze fortgesetzt. 1978 trat nämlich Rudolf Reimann die Nachfolge Wernis und die seines Vaters als Vorsitzender der DAG an. Die Ziele und Aufgaben der DAG artikulierten sich am Anfang der 1980er Jahre verstärkt im Bereich der Aufklärungsarbeit. Die DAG wollte die österreichische Öffentlichkeit über das Schicksal der Donauschwaben informieren, das Unrecht beim Namen nennen und gegen bestehende Vorurteile ankämpfen. Die Reaktionen auf den Tod Titos von 1980 und die Auseinandersetzungen um die Kriegsvergangenheit von Bundespräsident Kurt Waldheim am Balkan machten auf die diplomatischen Empfindlichkeiten und Irritationen aufmerksam, die damals wie heute mit diesem europäischen Großraum und seiner komplizierten Geschichte verknüpft sind. Auch die mediale Behandlung der jugoslawischen Gastarbeiterthematik in Österreich oder die neuen jugoslawischen Urlaubsparadiese entlang der dalmatinischen Küste führten den Donauschwaben die alte Heimat und das, was aus ihr seit 1945 geworden ist, vor Augen.


Reimann skizzierte beim Tag der Donauschwaben in Wels vom 12. Juli 1970 das künftige Aufgabengebiet der DAG anhand eines 7-Punkte-Programms. Es ging ihm darum, sich mit Weitblick und diplomatischem Gespür den rasanten Veränderungen in Europa zu stellen, als er meinte:


Es muss uns allen ein besonderes Anliegen bleiben, das überaus reiche geistige und kulturelle Erbe unseres Volksstammes zu bewahren und in die weitere Zukunft zu tragen. Diese Güter müssen erhalten bleiben. Wir müssen alles daran setzen, uns nicht aus der österreichischen, deutschen und europäischen Geschichte drängen zu lassen. Dazu war unser Beitrag zu groß! Wird doch bis heute immer wieder versucht, von den Vertreiberstaaten unsere Leistungen herabzumindern, ja sogar ganz tot zu schweigen. Man hat den Eindruck, dass man unsere Existenz im Südosten überhaupt verschweigen möchte.


Leider muss hier vermerkt werden, dass die Massenmedien in unserer neuen Heimat – sei es aus Unwissenheit oder vielleicht auch aus Absicht? – tatenlos schweigen, ja sogar manchmal in das gleiche Horn blasen! Diesen Entwicklungen müssen wir auf das Heftigste entgegentreten!


Wir müssen Dokumente schaffen – so viel es nur geht. Hier sei die Arbeit der Ortsgemeinschaften mit ihren Heimatbüchern besonders erwähnt. Wir müssen versuchen, alle Ortsgemeinschaften zu motivieren, ihre ganz persönliche Geschichte niederzuschreiben. Diese Heimatbücher sind unauslöschliche Dokumente, die sicher dazu beitragen werden, der Nachwelt über uns kein „gefälschtes“ Geschichtsbild zu überliefern. Wir müssen unsere geistig schaffenden Donauschwaben motivieren und auch unterstützen, soviel Kunst und Literatur als nur möglich über unsere alte Heimat zu schaffen, Dokumentationszentren ausbauen und vergrößern. Vieles ist geschehen! Noch viel mehr muss geschehen! Man hat unseren Volksstamm beraubt, geschunden und vertrieben. Diese Tatsache ist nicht weg zu leugnen, obwohl dies vielfach versucht wird.


Wir haben in der Charta der Vertriebenen unseren Peinigern die Hand gereicht. Wir haben auf Rache und Vergeltung freiwillig verzichtet. Nun liegt es bei den anderen, auch uns ihre Hand zur Versöhnung zu reichen. Wir möchten unsere Gräber in der alten Heimat frei und ohne Repressalien besuchen können und wir verlangen, dass auf den Massenfriedhöfen jugoslawischer Vernichtungslager Gedenkstätten der Unmenschlichkeit errichtet werden. Als Mahnmal für die Zukunft, damit so etwas nie mehr geschehen möge!


Unsere Forderung gegen die Vertreiberstaaten nach moralischer und wirtschaftlicher Wiedergutmachung ist berechtigt und muss immer wieder erhoben werden! Es ist längst an der Zeit, dass hier etwas geschieht!


Wir haben zwar einen geringfügigen Lastenausgleich von unseren neuen Heimatländern Österreich und Deutschland erhalten, dies bedeutet aber nicht, dass wir unsere berechtigte Forderung nach vollständiger Wiedergutmachung nicht weniger vehement stellen müssen.


Nicht alle heutigen Staaten der ehemaligen Donaumonarchie haben das deutsche Minderheitenproblem mit brutaler Gewalt gelöst. Viele unserer Landsleute leben heute noch in Ungarn und Rumänien. Wir haben alle die Verpflichtung, darauf zu achten, dass diese - unsere Brüder - in Recht und Freiheit ohne Furcht und Zwang leben können. Das Recht auf Freiheit und Selbstbestimmung muss auch für sie gewährleistet werden. Dafür haben wir alle einzutreten.


Fasst man die Ausführungen Reimanns zusammen, gliederte sich die Arbeit der DAG seit Beginn der 1970er Jahre in folgende Bereiche:


  1. Aufklärung in der Öffentlichkeit und Dokumentation der Geschichte und Kultur
  2. Verstärkte Kontaktnahme mit den Medien im In- und Ausland
  3. Forderung nach Wiedergutmachung und weitere Thematisierung des Lastenausgleichs
  4. Errichtung von Gedenkstätten an Orten ehemaliger jugoslawischer Lager
  5. Kollektive Minderheitenrechte für die deutschen Volksgruppen in Ungarn, Rumänien und Jugoslawien



DI Rudolf Reimann mit Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel im Haus der Heimat, 2005

Weiterführende Links:


Die ersten Schritte auf dem Wege zur Gleichstellung

Staatsbürgerschaft und Staatsvertrag

Weg aus Österreich oder „Raus aus den Lagern“

Der deutsche Lastenausgleich und der Weg zum Kreuznacher Abkommen

Festigung und Neubeginn

Die Wende von 1989/90 und ihre Folgen

Restitution in Kroatien und Serbien

DAG im Internet und Digitalisierung des Totenbuchs der Donauschwaben

Unterrichtsfilm und Zeitzeugenaktion

Errichtung weiterer Gedenkstätten

Gedenkreisen 2005