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Haus der Heimat, Wien

Donauschwäbische Arbeitsgemeinschaft in Österreich (DAG)

Festigung und Neubeginn

Mit dem Eingliederungsprogramm der österreichischen Bundesregierung von 1955 konnte endlich die Zeit des ewigen Wartens und der zermürbenden Unsicherheit beendet werden. Man hatte wieder eine Staatsbürgerschaft, konnte sein Wahlrecht ausüben, seine Meinung frei äußern, konnte österreichische Gerichte anrufen, sein Recht verteidigen und sich gegen jede Form von Unrecht zur Wehr setzen. Man war jetzt hier in Österreich zuhause, ein freier Mensch, den niemand mehr vertreiben, internieren, repatriieren oder sonstwie abschieben durfte. Dazu hatte niemand mehr das Recht! Jetzt galt es, sich in der neuen Heimat Österreich zu bewähren und mit vereinten Kräften ein neues Leben zu beginnen, das dank des wirtschaftlichen Aufschwungs schrittweise von sozialer Sicherheit, Menschenwürde, politischer Stabilität, Demokratie, Chancengleichheit und einem liberalen Rechtssystem gekennzeichnet war.


Auch wenn in mühevoller Kleinarbeit mancher Erfolg erreicht werden konnte, so gab es noch viele aus den Reihen der älteren Generation, die weiterhin ein sehr karges Dasein in Armut und Bescheidenheit fristen mussten. Davon waren die älteren Bauern und Bäuerinnen betroffen. Sie konnten nicht mehr ins Erwerbsleben einsteigen, um sich als Unselbständige noch einen Mindestanspruch auf eine Pension zu erwerben. Und ein Ausgedinge, so wie es in der alten Heimat auf dem eigenen Grund und Boden Sitte war, gab es für sie in Österreich auch nicht mehr. In einem Schreiben aus dem Jahr 1964, das an den Bundeskanzler, vier Ministerien, dem Bauernbund der ÖVP und dem Arbeitsbauernbund der SPÖ gerichtet war, setzte sich die DAG dafür ein, dass den donauschwäbischen Bauersleuten, „die kein Ausgedinge haben“ und mit einer Rente von 150 bis 200.- Schilling leben mussten, den landwirtschaftlichen Zuschussrentnern in Österreich gleichgestellt werden und „eine Ausgleichszulage“ erhalten.68 Es waren abermals Interventionen und Bittgänge notwendig, ehe man bei den zuständigen Ämtern mit dieser Forderung auf ein positives Gehör stieß. Es war die alte Misere, die man bereits zuvor über Jahre hinweg kennengelernt hatte: Dort, wo die DAG nicht mit Briefen und persönlichen Vorsprachen Druck erzeugte, passierte nichts zum Wohl der Heimatvertriebenen. Das Zauberwort hieß: Nachstoßen!


Für die jungen Donauschwaben war jedoch mit dem österreichischen Staatsvertrag der Weg in eine bessere Zukunft geöffnet worden. Peter Kauten, verdienstvoller Generalsekretär der DAG, meinte am 12. September 1954 beim Tag der Volksdeutschen in Linz: Parlament und Regierung Österreichs haben sich in dankenswerter Weise für die Gleichstellung der Volksdeutschen mit den alteingesessenen Österreichern entschieden. In diesem Sinne wurde eine Reihe von Verfügungen erlassen, die heuer ihre Krönung durch das Recht auf Option für die Staatsbürgerschaft erfuhren. Es ist uns eine Herzenspflicht, hierfür im Namen der Volksdeutschen zu danken und ein Ansporn für uns, uns dieses Vertrauens würdig zu erweisen.69


Auch Valentin Reimann sprach bei der Arbeitssitzung der DAG vom 15. Mai 1965 von den „erfreuliche[n] Fortschritte[n]“, die bei der Eingliederung in Österreich erzielt werden konnten, vergaß aber nicht, auf die noch ungelösten Problemfelder hinzuweisen: So glücklich wir darüber sind, können wir doch nicht vergessen, dass wir noch eine ganze Reihe von Sonderproblemen haben, deren Lösung eine geschlossene und tatkräftige Landsmannschaft erfordert. Wir wollen das erreichen, was unsere Landsleute in der BRD erreicht haben, nämlich eine wenigstens einigermaßen ausreichende materielle Entschädigung (...) Das Bad Kreuznacher Abkommen betrachten wir als einen juristisch bedeutenden, aber doch nur bescheidenen Anfang auf unserem Wege.70


Die Donauschwaben hatten schon 1950 die Charta der Heimatvertriebenen (vgl. Anhang Doku. 1) mit unterzeichnet und darin ihre Mitarbeit beim wirtschaftlichen Aufbau versprochen. Am 15. Mai 1965 wiederholte die DAG in einer in Wien verfassten Resolution (vgl. Anhang Doku. 3 ) ihre Bereitschaft, auch in Zukunft „jeden Revanchegedanken und daraus entstehende Neuordnungspläne für den Donauraum“ abzulehnen und „gute und friedliche Bürger der Republik Österreich sein und bleiben“ zu wollen. Da man sich aber „als unschuldige Opfer des letzten Krieges“ fühlte, erwartete sich die DAG von der österreichischen Bundesregierung weiterhin eine Unterstützung bei ihrer Forderung nach einer moralischen Rehabilitierung und wirtschaftlichen Wiedergutmachung.


Die DAG verlangte für die Gemeinschaft der vertriebenen Donauschwaben:



68 Bericht über die Tätigkeit der DAG seit 25. April 1964.


69 Rede Peter Kauten zum „Tag der Volksdeutschen“ in Linz vom 12. September 1954, S. 8. Ordner DAG-Protokolle und Einlage, Arbeitsausschuss ab Gründung 1950.


70 Protokoll der Ausschusssitzung der DAG vom 15. Mai 1965, S. 2.

71 Ebenda




1954 wurde beim Tag der Volksdeutschen auch der Verband der Volksdeutschen Landsmannschaften (VLÖ) gegründet

Weiterführende Links:


Die ersten Schritte auf dem Wege zur Gleichstellung

Staatsbürgerschaft und Staatsvertrag

Weg aus Österreich oder „Raus aus den Lagern“

Der deutsche Lastenausgleich und der Weg zum Kreuznacher Abkommen

Das neue Europa entsteht


Arbeitsbereich bis zur Wende von 1989/90

Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit