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Haus der Heimat, Wien

Donauschwäbische Arbeitsgemeinschaft in Österreich (DAG)

Gedenkreisen 2005


Es gibt in jedem Staat Ereignisse aus der Geschichte, denen man gedenkt. Im Jahr 2005 erinnerte sich das offizielle Österreich an das Kriegsende von 1945. In zahlreichen Veranstaltungen gedachte man des Endes der NS-Herrschaft in Österreich, analysierte die Folgen des Krieges und feierte die Geburtsstunde der Zweiten Republik Österreich, die aus den Trümmern des Krieges entstanden war. Die Vertriebenensprecher der im österreichischen Parlament vertretenen Parteien starteten im Gedenkjahr 2005 unter Leitung von Abg.z.NR Norbert Kapeller eine Reihe von parlamentarischen Gedenkreisen, die zu den deutschen Volksgruppen in Ungarn, Serbien, Kroatien, Rumänien, Tschechien, der Slowakei und Slowenien führten.


Kapeller charakterisierte die Reisen als eine Möglichkeit,


  1. die historische Verantwortung Österreichs wahrzunehmen und die Erinnerung an die Entrechtung und Vertreibung der deutschsprachigen Altösterreicher wach zu halten,
  2. durch den direkten Kontakt mit Vertretern der deutschen Minderheiten deren Status quo kennen zu lernen,
  3. Gespräche mit politischen Verantwortlichen zu führen, um spezifische Probleme zu erörtern, um so in einen zukunftsträchtigen Dialog einzutreten.85


Die DAG wurde eingeladen, bei der Vorbereitung der Reisen in die ehemaligen Heimatgebiete der Donauschwaben mitzuwirken und auch teilzunehmen. Die „donauschwäbischen Reiseziele“ waren Budapest, Fünfkirchen, die Gedenkstätte in Gakovo, Sombor, Maria Theresiopel, Essegg und die Gedenkstätte in Walpach.

Nationalratspräsident Andreas Khol lud am 31. Mai 2006 zu einer großen Schlussveranstaltung ins österreichische Parlament ein, bei der Vertreter der Landsmannschaften und der deutschen Minderheiten teilnahmen. Khol machte in seiner Ansprache auf die historische Verantwortung Österreichs aufmerksam, die gegenüber den altösterreichischen deutschen Volksgruppen auch heute noch besteht.


Mit Anerkennung würdigten alle Teilnehmer der österreichischen Parlamentarierdelegation die gesetzlichen Rahmenbedingungen zum Schutz nationaler Minderheiten in Serbien, Ungarn und Kroatien, die den deutschen Volksgruppen in diesen Ländern die volle Anerkennung als ethnische Minderheit garantieren und internationalen Standards entsprechen. Die Republik Österreich hat aber auch den Heimatvertriebenen gegenüber weiterhin ihre Verantwortung wahr zu nehmen und sie vor Diskriminierungen zu schützen. Als am 1. Jänner 2001 das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz (KGEG) in Kraft trat, machte Reimann in einem Schreiben an den damaligen Sozialminister Herbert Haupt darauf aufmerksam, dass die zur Zwangsarbeit verpflichteten Zivilpersonen im KGEG nicht berücksichtigt sind. Es waren nämlich auch Zehntausende von volksdeutschen Zivilpersonen, die am Ende und nach dem Zweiten Weltkrieg in der Sowjetunion, in der Tschechoslowakei, in Rumänien und in Jugoslawien inhaftiert waren und dort unter unmenschlichen Bedingungen und großer Opferbereitschaft Zwangsarbeit verrichten mussten. Diese Intervention hatte Erfolg, denn in der Novelle des KGEG vom 1. Jänner 2002 fanden auch die zivilen volksdeutschen Zwangsarbeiter eine Berücksichtigung und konnten somit ihre Ansprüche geltend machen. Die Heimatvertriebenen weisen außerdem bei Restitutionsfragen auf die Schutzfunktion der österreichischen Regierung hin, wenn es darum geht, die Ansprüche der Heimatvertriebenen auf eine moralische und materielle Wiedergutmachung gegenüber den ehemaligen Vertreiberstaaten geltend zu machen. So versprach Außenminister Michael Spindelegger am 21. April 2009 bei seinem Besuch im Haus der Heimat den Heimatvertriebenen, die Restitutionsfrage bei seinen Gesprächen in Prag, Pressburg, Agram, Laibach oder Belgrad zu erörtern.


Auch Bundespräsident Heinz Fischer sprach sich im Zusammenhang mit dem kroatischen Restitutionsgesetz in einem Schreiben an die DAG vom 9. Juli 2009 für eine nichtdiskriminierende Vorgangsweise aus und forderte, dass sowohl Kroatien wie auch Serbien den heutigen internationalen und europäischen Standards bestmöglich entsprechen müssen. Die Worte des österreichischen Bundespräsidenten entsprechen der Tradition der DAG, die sich dahingehend zusammenfassen lässt: Wir Donauschwaben wollen nur das beanspruchen dürfen, was auch den anderen zusteht. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Die DAG verweist hier immer wieder auf das ungarische Beispiel. Das ungarische Parlament hatte in seinen gesetzlichen Initiativen zur Restitution die Volksdeutschen gleichberechtigt behandelt und ihnen das zuerkannt, was auch andere Gruppen an materieller Wiedergutmachung beanspruchen konnten. Die Grundlage für die Gleichbehandlung waren die Anerkennung des Unrechts von 1945 und die Bereitschaft, das Unrecht moralisch zu verurteilen. So hatten sowohl das ungarische Parlament wie auch die ungarischen Präsidenten Árpád Göncz und László Sólyom die Vertreibung von Teilen der deutschen Bevölkerung klar und deutlich verurteilt und sich dafür bei den Betroffenen entschuldigt.


So meinte etwa Sólyom zum Schicksal der Vertriebenen der Donauschwaben aus Ungarn: Als Staatspräsident entschuldige ich mich bei den vertriebenen Schwaben und ihren Familien für das ihnen widerfahrene Unrecht und die Ungerechtigkeit und verneige mich vor dem Denkmal der Erinnerung der Vertriebenen in der Hoffnung, dass die Ungarndeutschen hier wieder zu Hause sind (...) Die Vertreibung der Ungarndeutschen war lange Zeit ein Tabuthema. Nach der Wende haben wir sofort anerkannt, dass die Verschleppung der Ungarndeutschen ab 1944, die darauf folgenden Internierungen und die Aussiedlung eine Reihe von rechtswidrigen und ungerechten Maßnahmen darstellt, dass die Schwaben unschuldig gelitten hatten. Das Verfassungsgericht annullierte die Gesetze über die Kollektivschuld vom Jahre 1945. Jetzt sind wir bereits dabei, die historischen Fakten zu erschließen, wodurch die damaligen Ereignisse nach und nach auch öffentlich zur Kenntnis gelangen.86


Für die DAG bleibt die moralische und materielle Wiedergutmachung nach dem Motto: Vergeben, aber niemals vergessen! ein offenes Thema für ihre Arbeit in der Zukunft.


85 Parlamentarische Gedenkreisen im Gedenkjahr. Eine österreichische Parlamentarierdelegation blickt auf die ehemalige Donaumonarchie und die Zukunft in einem gemeinsamen Europa. 1.Aufl. Institutsverlag IDEA (Hg.). Freistadt 2008, S. 12.

86 zit. bei http://www.neue-zeitung.hu/54-8251.php




Die österreichische Delegation bei ihrem Gespräch im ungarischen Parlament

Österreichische Parlamentarier gedenken der donauschwäbischen Opfer vom Lager Gakovo

Außenminister Spindelegger im Haus der Heimat 2009

Weiterführende Links:


Die ersten Schritte auf dem Wege zur Gleichstellung

Staatsbürgerschaft und Staatsvertrag

Weg aus Österreich oder „Raus aus den Lagern“

Der deutsche Lastenausgleich und der Weg zum Kreuznacher Abkommen

Festigung und Neubeginn

Die Wende von 1989/90 und ihre Folgen

Restitution in Kroatien und Serbien

DAG im Internet und Digitalisierung des Totenbuchs der Donauschwaben

Unterrichtsfilm und Zeitzeugenaktion

Errichtung weiterer Gedenkstätten